100 Jahre Marienberger Vereinigung für Paramentik

Nach der Gründung des ersten evangelischen Paramentenvereins im fränkischen Neuendettelsau 1885, kam es in einer Vielzahl weiterer Diakonissenhäuser zu Eröffnungen von Werkstätten, die sich um die Belange der Kirchentextilien im Raum der evangelischen Kirche bemühten. Bis hinauf ins Baltikum, etwa in Reval (Tallinn/Estland) und Mitau (Jelgava/Lettland) folgte man diesem Beispiel. Auf einer Konferenz der lutherischen Diakonissen-Mutterhäuser wurde bereits 1909 die Schaffung einer Zentralstelle für Angelegenheiten der Paramentik angeregt. Diese blieb jedoch zunächst nur eine Idee.

In der Folgezeit erfuhr die Paramentenarbeit in einem durch Revolution, Krieg und Inflation zerrütteten Deutschland einen ihrer Tiefpunkte. In den Kirchengemeinden mangelte es an Finanzmitteln zur Anschaffung neuer Paramente. In den Werkstätten fehlte es an der Nachfolge qualifizierter Werkstattleiterinnen, gut ausgebildeter Stickerinnen und künstlerischer Neuorientierung. Aus dieser Not heraus kam es 1924 im Kloster St. Marienberg in Helmstedt zur Gründung des Dachverbands für Paramentenwerkstätten, der den Namen seines Gründungsortes erhielt. 1935 konnten 14 Mitgliedswerkstätten gezählt werden. Allesamt waren sie Arbeitsbereiche von Diakonissenhäusern oder anderer kirchlicher Einrichtungen.

Inzwischen hat sich die wirtschaftliche Verantwortung der Werkstätten grundlegend geändert. Neben aktuell 5 Werkstätten in kirchlicher Trägerschaft, sind es vor allem selbständige Handwerkerinnen, Handwerker, Künstlerinnen und Künstler ihres Fachs, die die traditionsreiche Arbeit der Paramentik fortführen. Bis heute bildet die Marienberger Vereinigung eine wichtige Schnittstelle zu kirchlichen Institutionen, Theologen und Künstlern. Die regelmäßigen Tagungen bieten den Werkstätten eine Plattform für gegenseitigen Erfahrungsaustausch, gemeinsame Ausstellungen und Beförderung von Aus- und Weiterbildung.

Am 12. April 2024 begeht die „Marienberger Vereinigung für Paramentik e.V.“ in Helmstedt ihr 100-jähriges Jubiläum. Unterstützt wird sie dabei von der „Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz". Ganz sicher fällt der Blick dann nicht nur auf eine überaus bewegte Geschichte zurück, sondern muss besonders auch für die anstehenden neuen Herausforderungen nach vorn gerichtet werden.

GW. März 2024